Zen - About Henry Miller

Samstag, 6. Januar 2007

About Henry Valentine Miller...

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Henry Miller (1891-1980)
US-amerikanischer Schriftsteller

Geburtsdatum: 1891-12-26
Geburtsort: New York (USA)
Todesdatum: 1980-06-08
Todesort: Los Angeles (Californien, USA)
Sternzeichen: 22 DEZEMBER - 20 JANUAR

Der amerikanische Schriftsteller Henry Valentine Miller wurde bekannt durch seine freizügigen Bücher, die teilweise als pornografische Schriften eingestuft und verboten wurden. Dennoch hat er mit seiner Literatur ein anderes Denken in der Öffentlichkeit über Liebe und Sexualität geschaffen. Seine Bücher sind sowohl in Amerika als auch in Europa große Erfolge gewesen. Diesbezüglich sind besonders zu nennen “Sexus” und “Wendekreis des Krebses”...

Biografie

Henry Miller wurde am 26. Dezember 1891 in New York als Sohn eines aus Deutschland stammenden Schneiders geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, fühlte sich schon in der Jugend als Rebell, brach sein Studium ab und schlug sich mit verschiedenen Tätigkeiten durch – u. a. als Goldsucher in Alaska, Bettler, Totengräber, Milchmann und Küchenhilfe –, bevor er von 1930 bis 1939 in Paris lebte.

Von 1920 bis 1924 war er Angestellter der Western Union Telegraphengesellschaft in New York. 1922 wurde sein erstes Buch veröffentlicht.

Zwar hatte er 1923 ein erstes Buch verfasst ("Clipped Wings") und kürzere Arbeiten auf eigene Kosten drucken lassen, aber erst mit dreiundvierzig Jahren veröffentlichte Henry Miller in Paris seinen ersten Roman: "Tropic of Cancer" ("Wendekreis des Krebses"). Eine seiner Geliebten, die Schriftstellerin Anaïs Nin, schrieb dazu ein Vorwort. 1939 zog Henry Miller nach Griechenland, und im Jahr darauf kehrte er in die USA zurück.

Im Jahr 1930 siedelte er nach Paris über, hielt sich aber auch in Griechenland auf. Insgesamt lebte er zehn Jahre lang in Europa. In Paris suchte er die Nähe zum unkonventionellen Künstlermilieu und lebte wie ein Bohemien. In dieser Zeit fand er auch zu seinem eigenem Schreibstil, und es entstanden erfolgreiche, stark autobiografisch eingefärbte erotische Werke wie “Tropic of Cancer” (1934), zu deutsch “Wendekreis des Krebses”, “Black Spring” (1936), zu deutsch “Schwarzer Frühling” und 1939 “Tropic of Capricorn”, zu deutsch “Wendekreis des Steinbocks”.

Die beiden “Wendekreis”-Werke zählen zu Millers bekanntesten. Zusammen mit der Romantrilogie “Sexus” (1949), “Plexus” (1953) und “Nexus” (1960) legte der damals umstrittene Schriftsteller eine unerhörte Geradlinigkeit zu den Themen Liebe und Sexualität an den Tag, die der zeitgenössisch-bürgerlich rückständigen Auffassung von Moral und Sitte zu weit ging.

Die Folge war, dass Millers Werke in Amerika als pornografische Schriften eingestuft und damit verboten wurden. Besonders sind hier die “Wendekreis”-Romane zu nennen, die Auslöser einiger Prozesse waren, in denen Millers Werke deklassiert wurden. Dennoch erreichten sie illegal sein Heimatland.

Mit der raschen Verbreitung seiner Bücher auf diese Weise stieg auch seine Bekanntheit bis zum Ruhm. Er war einer, der die Emanzipation der Sexualität in der Literatur maßgeblich vorangetrieben hat. Dabei nahm er keinerlei Rücksicht auf bestehende Meinungen, sondern blieb seiner persönlichen Auffassung und sich selbst treu. Im Gegenteil: Durch seine literarische Offenheit entlarvte er die gesellschaftliche Konvention und Normalität als Lüge und Schein.

Oftmals zeigten seine erotischen Schilderungen schockierende Leserwirkungen. Diesbezüglich fungierte Miller als Vorbild für viele, den Mut zu haben, nach individuellen Vorstellungen zu leben. Doch um überhaupt in dieser Freizügigkeit über Sexualität zu schreiben, so ganz gegen den Strom des zeitgenössisch-literarischen Denkens, bedurfte es selbst einer gehörigen Portion Mut.

Diesbezüglich schrieb Miller gegen individuelle und literarische Zwänge. Besonders bei der "Beat Generation" und den Hippies, die ihn und seine Werke für ihre Lebensphilosophie vereinnahmten, stieß Miller mit seiner Auffassung auf offene Türen. Andererseits waren Millers erotische Werke Ziel der feministischen Kritik. Sie sahen darin eine Verherrlichung der männlichen Potenz und die überzogene Darstellung des weiblichen Masochismus.

War Henry Miller anfangs stigmatisiert als jemand, der mit den Themen der menschlichen Triebhaftigkeit gesellschaftliche und literarische Tabus brach, so galt er später in einem aufgeklärten modernen Zeitgeist, zu dem er selbst beitrug, als ein anerkannter amerikanischer Literat.

Doch Miller gab sich nicht nur auf dem Bücherpapier so herrlich unspröde. Nicht nur aus seinem Geist sprudelte die Erotik und freie Sexualität, sondern er lebte auch so. Ein Zeugnis seiner Lebensart ist der Roman “Sexus”, der als sein obszönstes Werk gehandelt wird. Darin tritt besonders seine Kompromisslosigkeit und Grenzüberschreitung der bestehenden gesellschaftliche Moral mit einem Hoch auf die körperliche Liebe hervor.

Im Jahr 1940 kehrte er nach Amerika zurück und lebte in Big Sur in Kalifornien. Dort setzte er seine Schaffensperiode fort und er schrieb weiterhin seine Bücher mit überaus erotischem Akzent, in die er aber auch philosophische Einsichten integrierte.

Das Ansprechende daran ist zudem sein lebendiger Schreibstil wie in den Reiseberichten “The Colossus of Maroussi” (1941), zu deutsch “Der Koloss von Maroussi”, und “The Air-conditioned Nightmare” (1945 – 1947) sowie in der autobiografischen Schrift “Big Sur and the Oranges of Hieronymus Bosch” (1957), zu deutsch “Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch” und in dem kritischen Werk “The World of Lawrence” (1980).

Millers Stil umfasst eine stark naturalistische Schreibweise mit Visionen und lyrisch gefärbter Prosa. Henry Miller besaß darüber hinaus Talent als Maler, das er nebenbei immer wieder pflegte. Seine Malereien wurden sogar mehrfach ausgezeichnet.

Selbst im Alter behielt der Schriftsteller seinen Mut. Bei einem Interview äußerte er einmal, dass er vor dem Tod keine Angst habe und ihn begrüße wie einen Freund, der ihn schon immer begleitet habe.

Obwohl Henry Miller zweimal verheiratet war (Emma Goldmann, June Smith), lebte er promiskuitiv, denn er hielt die Unterdrückung der Triebe für ein Zeichen der Unfreiheit und die hemmungslose Sexualität für eine Möglichkeit, die gesellschaftlichen Zwänge zu sprengen. Wie D. H. Lawrence verabscheute er die Zivilisation. Auf der Suche nach einem unverfälschten Leben ging es Henry Miller darum, das bürgerliche Wertesystem, das er für verlogen hielt, durch einen radikalen Individualismus zu ersetzen.

Im Grunde bin ich Metaphysiker [...] Ich bin gegen Pornografie und für Obszönität – und für Kraft, vor allem für Bildhaftigkeit, Fantasie, für eine Freiheit, wie wir sie uns noch nicht träumen lassen. Ich gebrauche die Zerstörung schöpferisch (vielleicht ein wenig zu sehr im deutschen Sinne), aber ich strebe immer nach wahrer, innerer Harmonie, nach innerem Frieden – und Schweigen. Ich ziehe die Musik allen anderen Künsten vor, weil sie sich selbst genug ist und hilft, das Schweigen zu fördern. (Henry Miller, zit. Franz Lennartz: Ausländische Dichter und Schriftsteller unserer Zeit, Stuttgart 1960, S. 465)

Nur in wenigen Werken von Henry Miller gibt es eine Handlung im herkömmlichen Sinn. "Wendekreis des Krebses" und "Wendekreis des Steinbocks" sind autobiografische Bekenntnisse, in denen "das Burleske, Surreale und Fantastische den gleichen Rang einnehmen wie das Realistische" (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Band 5, Dortmund 1989, S. 3054). Im ungeordneten, die traditionellen literarischen Formen missachtenden Nebeneinander von bedeutenden Themen und Belanglosigkeiten, obszönen Details und philosophischen Gedanken, Grausamkeit und Zärtlichkeit, Würde und Lächerlichkeit versucht Henry Miller, das Leben abzubilden

Henry Miller starb am 8. Juni 1980 in Los Angeles.

Quellen: Dieter Wunderlich & focus

Henry Miller: Bibliografie (Auswahl)
Tropic of Cancer (1934; Wendekreis des Krebses, 1953)
Black Spring (1936; Schwarzer Frühling, 1960)
Tropic Of Capricorn (1939; Wendekreis des Steinbocks, 1953)
The Colossus of Maroussi (1941; Der Koloss von Maroussi, 1956)
The Air-Conditioned Nightmare (1945; Der klimatisierte Alptraum, 1977)
Remember to Remember (1947; Land der Erinnerung, 1957)
The Smile at the Foot of the Ladder (1948; Das Lächeln am Fuß der Leiter, 1955)
The Rosy Crucifixion (1949; Sexus, 1970)
Plexus (1953; Plexus, 1962)
Nights of Love and Laughter (1955; Lachen, Liebe, Nächte, 1957)
Big Sur and the Oranges of Hieronymus Bosch (1957; Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch, 1958)
Nexus (1960; Nexus, 1965)
Just Wild About Harry (1963; Ganz wild auf Harry, 1963)
Quiet Days in Clichy (1966; Stille Tage in Clichy, 1968)
Opus pistorum (1983; Opus pistorum, 1984)

Henry Miller: Das Lächeln am Fuße der Leiter

Inhalt:

Der Clown August setzt sich nieder "am Fuße der Leiter, die er gegen den Mond gelehnt hat und ist in Betrachtung verloren". Er möchte jeden Abend sein Publikum nicht bloß zum Lachen bringen, sondern den Menschen zur Glückseligkeit verhelfen. Aber alle seine unnachahmlichen Tricks rufen immer nur Gelächter hervor. Bei seinen Darbietungen verausgabt er sich bis zur Ekstase. Eines Abends fällt er nach der Vorstellung in Trance und wacht erst in seiner Garderobe wieder auf. August "flieht aus der Welt, die er kannte".

Er findet Arbeit bei einem anderen Zirkus, wo er lediglich Hilfsdienste ausübt. Eines Tages wird der Clown Antoine krank, und August hofft insgeheim, man würde ihm anbieten, an dessen Stelle aufzutreten. Dann könnte er an Antoines statt noch einmal sein Können demonstrieren. Aber er sieht ein: "Ich muss lernen, als August glücklich zu sein, als der Clown, der ich bin."

Er verlässt auch diesen Zirkus und überlegt, ob er nach Südamerika auswandern soll. Die Erkenntnis, "dass niemand zu sein, oder jemand oder jedermann zu sein, ihn keineswegs daran hindert, er selbst zu sein", versetzt ihn in einen "Taumel des Entzückens". Er bricht zusammen. Als er einen Mann in Uniform auf sich zukommen sieht, glaubt er, den "Engel der Erlösung" zu erblicken. Aber der vermeintliche "Erlöser" schlägt ihn mit einem Knüppel nieder.


Kommentar:

Henry Miller zeigt sich hier von einer ganz anderen Seite. Er überrascht uns mit einer bezaubernden Geschichte. "Von allen Erzählungen, die ich jemals geschrieben habe, ist dies die eigenartigste", sagt er selbst.

Das Märchen von einem Besessenen, der auf der Suche nach sich selbst ist, führt uns die Utopie der Selbstverwirklichung vor Augen. Mit dieser Fabel hat sich Henry Miller wohl selbst ein Denkmal gesetzt. Er schreibt im Epilog: "Der Clown ist ein handelnder Dichter. Er ist selbst die Geschichte, die er spielt."

Zum Thema Zirkus haben ihm die Bilder von Rouault, Chagall, Miró, Seurat und seine Liebe zu Clowns inspiriert. Auf den Titel des Buches haben ihn Bilder von Miró (die immer wiederkehrenden Motive Leiter und Mond) gebracht.

Erschienen ist die Erzählung 1948. Da war Henry Miller 57 Jahre alt.

Besonders zu erwähnen ist die reichhaltige Illustration mit Motiven von Joan Miró einer Taschenbuchausgabe von Rowohlt.

Henry Miller: Ein Teufel im Paradies
Die Geschichte des Conrad Moricand,
geboren in Paris um 7 oder 7.15 Uhr abends am 17. Januar 1887,
gestorben in Paris um 10.30 Uhr abends am 31. August 1954

aus: Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch
Inhalt:
Im Herbst 1936 lernt Henry Miller durch seine Geliebte Anaïs Nin in Paris den fünf Jahre älteren Astrologen und Okkultisten Conrad Moricand kennen, der zwar mittellos ist und in einem einfachen Zimmer im Hotel Modial von der Hand in den Mund lebt, aber gepflegt gekleidet ist. Der vierundvierzigjährige amerikanische Schriftsteller schätzt Moricand als sprachgewandten Unterhalter, der das Französische "wie ein Dichter" spricht.

Er war vor allem ein Mensch, der Feinheiten und Nuancen liebte. (Seite 10)

Insgesamt muss ich ihm als ein ziemlich sonderbarer Heiliger vorgekommen sein. Ein frankophiler Amerikaner aus Brooklyn, ein Vagabund, ein Schriftsteller, der gerade erst seine Laufbahn anfing, naiv, empfänglich und aufnahmefähig wie ein Schwamm, an allem interessiert und scheinbar ohne Ruder umhertreibend. So sehe ich mich selbst, wenn ich an die damalige Zeit zurückdenke. (Seite 11)

Obwohl Henry Miller selbst nicht gerade reich ist, lädt er Moricand des Öfteren zum Essen ein, und um Geld zu sparen, kocht er selbst, statt ins Restaurant zu gehen. Moricand trägt stets eine frisch gebügelte Hose und ist ausgesprochen ordnungsliebend. Trotz seiner prekären Situation bevorzugt er Delikatessen. Eines Tages schenkt er Henry Miller eine Ausgabe des Romans "Seraphita" von Honoré de Balzac.

Als Henry Miller im Juni 1939 Paris verlässt, bricht der Kontakt mit Moricand ab.

Sieben oder acht Jahre lang hört Henry Miller nichts mehr von Moricand. Dann erhält er in dem abgelegenen kalifornischen Küstenort Big Sur, wo er seit fünf Jahren mit seiner Frau June Edith Smith und seiner Tochter Val lebt, einen Brief aus Vevey in der Schweiz. Moricands Lebensumstände haben sich nicht gebessert: Er wohnt in einer bescheidenen Pension und weiß kaum, wie er die Miete bezahlen soll. Henry Miller hat nicht genügend Geld, um ihn in Europa finanziell unterstützen zu können, aber er überredet seine Frau, Moricand in Big Sur als Gast aufzunehmen. Dabei verfügen sie nicht einmal über ein eigenes Schlafzimmer, sondern schlafen im Wohnzimmer. Um Moricand den Flug nach England, die Überfahrt nach New York und den Weiterflug nach San Francisco bezahlen zu können, leiht Henry Miller Geld von Bekannten.

Ende 1946 trifft Moricand in Big Sur ein. Am nächsten Morgen fragt er nach Rasierpuder, aber die Marke, die Henry Miller benützt, ist ihm nicht gut genug. Er besteht auf Yardley und erwartet vom Gastgeber, dass dieser ihm den gewünschten Rasierpuder und gutes Briefpapier im DIN-A-4-Format aus der Stadt besorgt.

Von diesem Augenblick an wusste ich, dass meine Frau Recht gehabt und ich einen schweren Fehler gemacht hatte. In diesem Augenblick spürte ich den Blutegel, den Anaïs von sich geschleudert hatte. Ich sah das verzogene Kind, den Faulpelz, der nie in seinem Leben einen Handschlag ehrlicher Arbeit getan hatte, den Habenichts, der zu stolz war, offen zu betteln, aber dem es nichts ausmachte, einen Freund bis auf den letzten Tropfen auszumelken. (Seite 42)

Er hatte eine weibliche Nase für preziöse Dinge. (Seite 48)

Damit sein Gast nicht das beschämende Gefühl zu haben braucht, nur auf Kosten seines Wohltäters zu leben, bittet Henry Miller ihn, seiner Tochter Französisch-Unterricht zu erteilen, aber Moricand mag keine Kinder und kommt mit Val nicht zurecht.

Henry Miller und seine Frau legen ein Gemüsebeet an. Weil es Moricand peinlich ist, einer Frau bei schwerer körperlicher Arbeit zusehen zu müssen, nimmt er ihr den Spaten ab. Nach einer halben Stunde kann er nicht mehr.

Um seine Nerven zu beruhigen, verlangt Moricand Codein. Henry Miller erfährt in der Apotheke, dass Codein rezeptpflichtig ist. Zwei von ihm aufgesuchte Ärzte weigern sich, ein entsprechendes Rezept auszustellen. Moricand lässt sich deshalb von einem Apotheker in der Schweiz Codein schicken, obwohl die Einfuhr in die USA verboten ist und er damit auch seinen Gastgeber in Schwierigkeiten bringen könnte.

Als Moricand über Juckreiz und aufgekratzte Beine klagt, lässt Henry Miller einen befreundeten Arzt aus einer mehrere hundert Meilen entfernten Stadt kommen. Der hält das Leiden für psychosomatisch und rät dem Schriftsteller:

"Sehen Sie zu, dass Sie ihn loswerden [...]
Die Sache ist einfach. Er will nicht gesund werden. Er möchte, dass man Mitgefühl für ihn hat und ihn betreut. Er ist kein Mann, sondern ein Kind. Ein verzogenes Kind." (Seite 71)

Nach drei Monaten klagt Moricand, er halte es in Big Sur nicht mehr aus, er sei das Stadtleben gewohnt und wolle nach San Francisco. Henry Miller versucht ihm klarzumachen, dass dies seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Daraufhin will Moricand nach Monterey ins Krankenhaus gebracht werden. Weil Henry Millers Wagen seit Monaten kaputt ist, ersucht er seinen Freund Lilik – der Moricand auch schon vom Flughafen in San Francisco abgeholt hatte –, seinen Gast abzuholen. Lilik schafft es, obwohl die Straßen nach einem Unwetter kaum passierbar sind, er immer wieder Geröll wegräumen muss und die Steinschlag-Gefahr groß ist. Im Krankenhaus ist zwar kein Bett frei, aber der Arzt will sich Moricand mehrmals ansehen und schlägt vor, ihn für eine Woche in einem Hotel unterzubringen. Gleich bei der ersten Untersuchung stellt der Arzt fest, dass Moricand früher morphiumsüchtig war. Wie er die Sucht überwunden habe, fragt er, und Moricand behauptet, es sei ihm allein durch Willensanstrengung gelungen.

Statt von Monterey nach Big Sur zurückzukehren, fährt Moricand nach San Francisco, angeblich, um sich dort Arbeit zu suchen. Da er jedoch nur ein Besuchervisum hat, bekommt er keine Arbeitsgenehmigung und ist weiter auf Henry Miller angewiesen. Der Schriftsteller, der noch nicht einmal die Schulden zurückzahlen konnte, die er gemacht hatte, um seinem Gast die Reise nach Amerika zu bezahlen, ärgert sich darüber, dass Moricand behauptet, sich aufgrund seiner nicht perfekten Englischkenntnisse in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht sicher zu fühlen und deshalb ausschließlich Taxis benutzt.

Henry Millers Freund Raoul Bertrand besorgt Moricand eine kostenlose Überfahrt auf einem Frachtdampfer nach Europa, aber der sieht sich außerstande, innerhalb von zwei Tagen abzureisen und beschwert sich über die Zumutung. Bertrand versucht es mit einem Flugticket und einer längeren Vorlaufzeit, aber unter irgendeinem Vorwand verpasst Moricand die Maschine. Varda, ein anderer Bekannter Henry Millers, verschafft Moricand eine Einladung bei einer steinreichen ungarischen oder österreichischen Gräfin in San Francisco, die sich nicht nur für Astrologie und Okkultismus interessiert, sondern auch gern bizarre Gestalten in ihrem Salon hat, doch Moricand redet in der Gesellschaft kaum ein Wort, und wenn, dann schimpft er über die Eitelkeit und Dummheit älterer Emigrantinnen. Als Bertrand erneut ein Flugticket auftreibt, erklärt Moricand sich endlich bereit, nach Europa zurückzukehren – unter der Bedingung, dass Henry Miller ihm 1000 Dollar zur Verfügung stellt. Außerdem droht er dem Schriftsteller mit Enthüllungen. Der bricht daraufhin den Kontakt ab und öffnet Moricands Briefe nicht mehr.

Sieben Jahre später liest Henry Miller in der Sommer-Ausgabe 1954 der Zeitschrift "Le Goéland", dass Conrad Moricand gestorben ist. Einzelheiten erfährt er von Théophile Briant, dem Herausgeber des Blatts und Moricands letztem Freund. Irgendwie muss Moricand sich bis Herbst 1949 in San Francisco durchgeschlagen haben, dann wurde er von der Einwanderungsbehörde ausgewiesen, und Ende September 1949 tauchte er bei Théophile Briant in der Bretagne auf. Dieser brachte ihn am 17. Oktober im Hotel Modial in Paris unter, aber schließlich blieb Moricand nichts anderes übrig, als mit dem von seinen Eltern gegründeten Altersheim in Paris vorliebzunehmen. Dort erlag er am 31. August 1954 im Alter von siebenundsechzig Jahren einem Herzanfall.

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Kommentar:
In dem Roman "Big Sur and the Oranges of Hieronymus Bosch" (1957; "Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch", 1958) beschreibt Henry Miller sein Leben in dem abgelegenen kalifornischen Küstenort Big Sur. Im ersten Teil befasst er sich mit dem Ort, im zweiten mit den dort lebenden Menschen, und im dritten Teil – "A Devil in Paradise" ("Ein Teufel im Paradies") – schildert er, wie ein skurriler Schmarotzer in das Refugium einbricht. Diesen letzten Teil brachte der Rowohlt Verlag, der 1958 die von Kurt Wagenseil übersetzte deutschsprachige Ausgabe des Romans veröffentlicht hatte, 1961 ebenfalls in Buchform heraus. Es handelt sich um ein brillantes, mit viel Selbstironie erzähltes Kabinettstück und das faszinierende Porträt einer bizarren Persönlichkeit.

In Form eines Dialoges mit dem Schnorrer Conrad Moricand formuliert Henry Miller auch einige seiner grundlegenden Ansichten:

Mein Interesse besteht darin, dass ein Mensch aus den Möglichkeiten, die in ihm liegen, etwas macht. (Seite 66)

Ich verabscheue Menschen, die alles durch die einzige Sprache, die sie kennen, hindurchfiltern müssen, ob diese nun Astrologie, Religion, Yoga, Politik, Wirtschaft oder sonstwie heißt. Das einzige, was mir an diesem unserem Weltall rätselhaft ist, was mir zum Bewusstsein bringt, dass es wirklich göttlich ist und kein Wissen seine Tiefe ergründen kann, ist die Tatsache, dass jeder mit Leichtigkeit es so ausdeuten kann, wie er will. Alle Ansichten, die wir uns darüber bilden, sind gleichzeitig richtig und unrichtig [...] Und alle Auffassungen, die wir von dem Weltall haben, ändern es in keiner Weise ... (Seite 67)

[...] für einen Psychoanalytiker bin ich etwas anderes, für einen Marxisten wieder etwas anderes und so weiter. Was soll mir das alles? Was geht mich das an, wie euer fotografischer Apparat arbeitet? Um einen Menschen ganz und richtig zu sehen, muss man eine andere Art Kamera benutzen, man muss ein Auge haben, das objektiver ist als die fotografische Linse. Man muss durch die verschiedenen Facetten sehen, deren gleißender Widerschein uns für die wahre Natur eines Menschen blind macht. Je mehr wir lernen, desto weniger wissen wir, je besser unsere Apparatur ist, desto weniger können wir sehen. Erst wenn wir den Versuch aufgeben, etwas sehen und wissen zu wollen, sehen und wissen wir wirklich etwas. (Seite 70)

Wir wissen zu viel – und zu wenig. Der Intellekt bringt uns in Schwierigkeiten. (Seite 66)


Quellen & Interessantes über Henry Miller:

http://www.henrymiller.org/

http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Miller

http://www.reinhard-doehl.de/miller.htm

http://www.luise-berlin.de/Lesezei/Blz99_07/text54.htm

http://www.markedzierski.art.pl/dossier/3.html

http://www.henrymiller.com

http://www.reinventingyourself.com/odysseysample.wmv

http://www.reinventingyourself.com/millerodysseyquicktimesample.mov

http://www.henrymiller.info/

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